19.03.2017, 4928 Zeichen
„Was haben der Scheinriese Tur Tur und Aktien gemeinsam? Aus der Ferne wirken sie furchteinflößend, doch je näher man kommt, desto kleiner und vertrauenerweckender wird die Sache.“ Mit dieser Anspielung auf die phantastische Geschichte von Jim Knopf und Lukas dem Lokomotivführer beginnt diese Woche die traditionelle Vermögensfrage in der F.A.Z. vom Samstag. „In drei Schritten Aktionär werden“, lautet das Motto – und dazu gehört auch die Regel: Je länger der Anlagezeitraum, desto sicherer der Gewinn.
Unsere Alternative zum Renditedreieck
Um das zu illustrieren, zitiert die wohl angesehenste Zeitung des Landes unsere empirischen Analysen zur langfristigen Wertentwicklung von Aktien – während ansonsten ja zumeist das Renditedreieck des Deutschen Aktieninstituts (DAI) herangezogen wird. Zweifelsohne eine prägnante Darstellung, die sich jedoch nur auf jährliche Stichtage stützt. Wir hingegen betrachten etwa für den US-amerikanischen S&P 500 sämtliche ab 1950 darstellbaren Ein-, Zwei-, Drei- bis hin zu 25-Jahres-Zeiträume. Mit über 10.000 Rendite-Werten pro Periode liefert diese Methodik nicht nur robustere Ergebnisse, sondern auch zusätzliche Erkenntnisse.
So erkennt man auf den ersten Blick: Kurzfristig in Aktien investieren ist pure Zockerei. Das Resultat eines einjährigen Engagements in US-Aktien lag in den letzten 65 Jahren zwischen -48,8% und +72,9% – eine riesige Spannweite, die auch über zwei oder drei Jahre nicht wirklich kleiner wird.
Eineinhalb Jahrzehnte waren immer genug
Erst jenseits von fünf Jahren wird das Chance/Risiko-Verhältnis allmählich attraktiv – auch weil die Erfolgswahrscheinlichkeit steigt: Wer ein Jahr investiert hat, konnte nur in 73% der Fälle einen positiven Ertrag erzielen. Bei einem Anlagehorizont von sieben Jahren liegt diese Quote hingegen schon über 90%.
Der eigentliche Meilenstein folgt jedoch nach 14 Jahren. Dann nämlich steigt die empirische Wahrscheinlichkeit, mit US-Aktien keinen Verlust zu machen, auf das Optimum von 100%. Anders formuliert: Egal wann Sie eingestiegen sind – nach 14 Jahren „Buy & Hold“ im S&P 500 haben Sie ausnahmslos immer Geld verdient.
2% p.a. als „Worst Case“ nach 20 Jahren – plus Dividende
Und je länger man wartet, umso profitabler wird der „Worst Case“. Das schlechteste 20-Jahres-Ergebnis etwa beläuft sich auf +2,1% p.a. – wenn man am 13. März 1962 gekauft und am 14. März 1982 verkauft hat. Absolut betrachtet reißt das gleichwohl niemanden vom Hocker, weshalb wir immer wieder empfehlen, nicht alles Geld auf einen Schlag in Aktien zu pumpen, sondern sukzessive einzusteigen, um auf diese Weise die Timing-Risiken zu glätten.
Allerdings zeigt unsere Analyse sowieso nicht die ganze Wahrheit: Der S&P 500 ist ein Kursindex, der keinerlei Dividenden reflektiert. Auf die Durchschnittsrendite, die je nach Periode zwischen 6,9% und 8,7% p.a. liegt, darf man also nochmal einen oder zwei Prozentpunkte drauflegen.
Der DAX ist volatiler – aber zeigt ein ähnliches Bild
Im DAX hingegen sind die Dividenden schon drin, zumindest seit dem offiziellen Index-Start 1987. Durch Verkettung mit älteren Kursbarometern reicht die bei Bloomberg hinterlegte Performance-Historie allerdings bis 1959 zurück, womit wir auch die deutschen Top-Aktien einem Langfrist-Test unterziehen können. Dabei bestätigt sich, dass der DAX volatiler ist als sein US-amerikanisches Pendant: Die Spannen zwischen Top- und Flop-Werten sind größer und erst ab einem Investment-Horizont von 23 Jahren sind wirklich alle darstellbaren Perioden positiv. Empirische Erfolgsquoten von 97-98% werden jedoch ebenfalls schon nach 15 Jahren erreicht.
Bleibt bloß noch zu klären, welchen Wert solche Statistiken haben. Denn dass man in der Vergangenheit mit Aktien durchschnittlich 7-8% p.a. verdienen konnte und spätestens nach eineinhalb Jahrzehnten eigentlich immer im Gewinn war, heißt noch lange nicht, dass es auch in Zukunft so kommen muss. Aber möglich wäre es durchaus. Denn auch heute und morgen gibt es genügend Unternehmen, die menschliche Bedürfnisse wie Essen, Trinken, Gesundheit, Elektrizität Kommunikation, Mobilität oder Entertainment bedienen – und genau damit Werte für ihre Anteilseigner schaffen.
Oder wie es der legendäre Investment-Pionier Sir John Templeton auf den Punkt brachte: „The most expensive words are – this time it’s different.“
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